Stefanie und Kevin Sollberger setzen die Segel anders und haben ihre Bäckerei-Konditorei in Gontenschwil unter dem Credo «Piraten» erfolgreich umgestaltet, um so ein piratenstarkes Einkaufserlebnis für Kinder und Erwachsene zu bieten. Dafür wurden sie anfangs Juni mit der Bäckerkrone 2024 ausgezeichnet.
«Wer wagt, gewinnt!» Diese Erfahrung macht das Team der Piraten-Bäckerei Sollberger. Sie gewinnt die mit 15’000 Franken dotierte «Bäckerkrone 2024», die der Schweizerische Bäcker-Confiseurmeister-Verband SBC, anfangs Juni zum zwölften Mal verliehen hat. Kevin Sollberger führt zusammen mit seiner Ehefrau Stefanie, Mitinhaberin und Detailhandelsspezialistin Bäckerei-Confiserie, das Geschäft – seit 2018 als Piraten-Bäckerei. «Just do it and go for it», so lautet das Credo von Captain Tscheggee alias Kevin Sollberger. «Diese Auszeichnung ist für uns ein Ritterschlag in unserer Branche – eine wundervolle Anerkennung und Wertschätzung für unser Engagement in den letzten Jahren», freut sich der Chef. Er führt das 1929 gegründete Unternehmen in Gontenschwil seit 2012 in der vierten Generation. Dabei positionierte er den Betrieb vor sechs Jahren unter dem Motto «Piraten» neu, um sich von den Mitbewerbern abzuheben. Anfangs seien sie dafür belächelt worden – inzwischen würden sie dafür fast bewundert, so das einfallsreiche Inhaberpaar. «Wir bietet ein piratenstarkes Einkaufserlebnis für Kinder und Erwachsene und wollen an Bord Menschen glücklich und gesund machen. Wir zelebrieren mit positiver Energie und grosser Passion unsere wunderbaren Berufe. Denn nur so kann der Funke auf die nächste Generation überspringen und auf unsere fantastische Kundschaft», fassen die Gewinner ihr grosses Engagement für den Berufsnachwuchs (vgl. Nebenartikel) und die Branche zusammen. «Mit diesem Konzept bleiben wir in den Köpfen der Gäste.»
Dazu haben die erfinderischen Bäcker und Confiseure diverse Produkte mit Piratennamen kreiert wie beispielsweise der körnige Pirat (Brote), Piraten-Spitzbuben, Piraten-Chnebeli, Piraten-Taler usw. Das Einkaufen in der Piraten-Bäckerei ist gerade für Kinder ein Erlebnis mit einer Schatztruhe, wo sie sich eine Köstlichkeit aussuchen dürfen oder eine Flaschenpost mit Schatzkarte, wo es pro Einkauf einen Stempel gibt. «Sobald die Karte voll ist, dürfen die Kinder ein grösseres Geschenk aussuchen. Dazu haben wir Piratenbeck-Tatoos, Augenklappen, Shirts und vieles mehr», erklärt die Herrin des Hauses. Bereits die 5. Generation ist schon aktiv im Geschäft und der 10-jährige Yann hat einen eigenen Sauerteig gezüchtet und dann eine Rezeptur für ein Brot entwickelt – Yann’s Gourmet Brot. «Dieses Brot haben wir immer Dienstag, Donnerstag und Samstag in unserem Sortiment und Yann bekommt pro verkauftes Brot einen kleinen Anteil als Lizenzgebühr», so sein stolzer Vater. Kirschstengeli, Cremeschnitten, Schnitzelbrote, Berliner und Brote mit langer Teigruhe sind weitere Spezialitäten.
Mehr Brotvielfalt und Kreativität in der Branche
Die Qualität spielt in der Piraten-Bäckerei eine wichtige Rolle: «Wir stellen die Produkte von Grund auf selbst her und beziehen die meisten Rohstoffe aus der Region oder aus der Schweiz. Alle Brote werden mit unserem hauseigenen Sauerteig verfeinert.» Dabei arbeiten die Piraten mit vielen kleinen Familienunternehmen aus der Region zusammen. Aber auch die Nachhaltigkeit wird vorbildlich im Betrieb gelebt. «Wir suchen ein Gleichgewicht zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten.» Beispiele dafür sind Salatschalen aus Bagasse, Taschen aus Papier um so wenig Plastik wie möglich einzusetzen. Ebenso wird Foodwast aktiv vermieden. Dabei arbeitet die Oberwynentaler Bäckerei mit dem Verein «Verwendet statt Verschwendet» zusammen und die leckeren Produkte bekommen so eine zweite Chance und werden bedürftigen Menschen in der näheren Umgebung verteilt. «Dazu ist es uns wichtig, dass unsere Crew sich weiterbilden kann und gesunde Arbeitssituationen vorfindet», ergänzt Sollberger. In der Piraten-Bäckerei herrscht eine positive Energie, welche dafür sorgt, dass die Piraten täglich mit voller Kraft voraus segeln können. «Unsere Ideen und Inspirationen kommen von der ganzen Crew. Unsere Co-Kapitäne sorgen dafür, dass wir genug Freiheiten haben, um kreativ zu sein.»
Die Piraten haben noch zahlreiche Ziele, die sie ansteuern möchten. Der engagierte Piratenboss ist zurzeit an der Totalrevision der neuen Ausbildung für die Bäcker-Confiseure involviert. Zudem hat er noch weitere Pläne in seiner Schatztruhe, wie beispielsweise seinen unternehmerischen Mut in einem Buch festzuhalten. Die Vielfalt Betriebe in der Bäckerbranche liegen ihm am Herzen: «Ich wünsche mir mehr KMU, um so die Brotvielfalt und die Kreativität in der Branche zu erhalten und viele regionale Arbeitsplätze zu sichern. Und unser Nachwuchs kann so in der Region eine fundierte Ausbildung geniessen.»
Corinne Remund
Wettbewerb als Motivation
BERUFSBILDUNG – Stefanie und Kevin Sollberger engagieren sich seit Jahren stark für den Nachwuchs.
Die Ausbildung der Lernenden in der Piraten-Bäckerei Sollberger ist seit Generationen fest in der DNA des Unternehmens im aargauischen Gontenschwil verankert. So wurde 2023 Kevin Sollberger zum besten Berufsbildner des Jahres in der Kategorie Bäcker/in-Confiseur/in gewählt. Der Betrieb bringt seit vielen Jahren immer wieder ausgezeichnete Lernende hervor, beispielsweise Ramona Bolliger, Weltmeisterin 2017 Bäckerei-Konditorei oder Zorah Roth, die den Brotchef-Wettbewerb gewann. «Unsere Branche entwickelt sich nur mit gut ausgebildetem Nachwuchs weiter», so das Credo von Sollberger. «Wir fördern und fordern die jungen Menschen gerne und begleiten sie auf ihrem Weg.» Auch in der Berufsbildung geht die innovative Bäckerei auch unkonventionelle Wege: So durften 2022 die Lernenden für zwei Wochen die gesamte Geschäftsleitung übernehmen. «Das war eine fantastische Erfahrung für alle Beteiligten», zieht der Chef Bilanz. Er arbeitet fast täglich mit seinem jungen Team zusammen und pflegt einen engen Austausch. «Wir fördern sie als Menschen und übergeben ihnen Verantwortung. Dazu gehört, dass zum Beispiel unsere Lernende im 3. Lehrjahr einmal in der Woche die Ofenchefin ist. Sie bäckt dann alles, was es zu backen gibt. Dies ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die sie mit Bravour meistert», freut sich Sollberger. «Bei uns dürfen die Jungen Produkte von Grund auf herstellen und auch eigene Ideen einbringen.» Aktuell sind drei Lernende im Betrieb, respektive ab Sommer 2025 werden fünf ausgebildet.
Nachwuchs ausbilden mit viel Spass und Pfiff
Einen grossen Stellenwert im Betrieb haben Wettkämpfe, eine Liebhaberei des Chefs: «Ich habe schon als Kind aus jeder Möglichkeit einen Wettbewerb initiiert – so macht das Leben einfach mehr Spass.» Man werde dabei, ohne es zu merken, immer besser, so die Strategie des piratenstarken Bäckermeisters. «Man lernt zu gewinnen oder muss akzeptieren, dass es noch bessere Mitbewerber gibt. Dies wiederum spornt uns an, noch besser zu werden.»
So ist es nur folgerichtig, dass seine Lernenden erfolgreich an Berufswettbewerben wie Swiss Skills abschliessen. «Dies sind immer wieder sensationelle Erfahrungen für die jungen Menschen. So können sie an sich wachsen und neue Grenzen kennenlernen und bewegen sich ausserhalb der Komfortzone». Für Stefanie und Kevin Sollberger ist es selbstverständlich, dass sie bei vielen Entscheidungen und Prozessen ihre künftigen Fachkräfte mit einbeziehen und sie motivieren, mutige Entscheidungen zu treffen, an sich zu glauben, und später einmal den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Das Inhaberpaar hat so einen innovativen Weg gefunden, den akuten Fachkräftemangel erfolgreich anzugehen.
CR
Weitere Informationen:
www.forme-deine-zukunft.ch