KOLUMNE – PERSPECTIVE CH
«Ambulant vor stationär» heisst die Strategie des Kanton Aargau. Personen sollen demnach so lange wie möglich zu Hause gepflegt werden. Die sogenannte Spitex erhält zunehmend an Bedeutung. Dabei werden die Spitexkosten auf drei Schultern verteilt. Die Kosten für die Pflegebedürftigen und Krankenkassen sind gesetzlich fixiert, die restlichen Kosten – die sogenannten Restkosten – muss die jeweilige Wohnsitzgemeinde übernehmen. Die Gemeinden müssen heute ihre Hausaufgaben machen, damit sie in einigen Jahren nicht von den Kosten überrollt werden.
Die öffentlichen Spitexorganisationen sind historisch bedingt oftmals aus Frauenvereinen entstanden. Mit der Professionalisierung und den immer höheren gesetzlichen Anforderung geraten diese Organisationen an ihre Grenzen. Immer mehr Gemeinden haben deshalb angefangen «ihre» Spitex zu fusionieren. Dies war im Bezirk Zofingen auch der Fall. Während alle Gemeinden der Fusion zugestimmt hatten, prüfte die Gemeinde Aarburg verschiedene Varianten. Der Leistungsvertrag mit der örtlichen Spitex wurde zu diesem Zweck ausgeschrieben. Die meisten Leistungsverträge zwischen Gemeinden und Spitex beruhen heute auf einer sogenannten Defizitgarantie. Sprich egal wie hoch die Restkosten ausfallen, sie werden von der Gemeinde übernommen. Eine Defizitgarantie ist betriebswirtschaftlich absurd, entsprechend musste bei der Ausschreibung ein Tarif pro Stunde offeriert werden. Das Resultat war beachtlich, die offerierten Tarife waren bis zu 50 % tiefer als die bis dahin geleistete Defizitgarantie. Damit war auch die Fusion vom Tisch. Dort rechneten Experten mit Einsparungen von ca. 7 %.
Die Gemeinde Aarburg schloss vor einigen Jahren mit der Spitex Lindenpark in Oftringen eine Leistungsvereinbarung ab. Die ambulanten Pflegekosten für die Gemeinde Aarburg konnten so halbiert und damit 250’000 Franken pro Jahr eingespart werden.
Bessere Qualität zum halben Preis
Die Spitex Lindenpark gehört zur Stiftung Lindenhof und ist eine renommierte Pflegeeinrichtung für innovative und qualitativ hochstehende Pflege. Eine Umfrage nach den ersten 100 Tagen bei den betreuten Aarburgerinnen und Aarburger zeigte eine hervorragende Zufriedenheit. Die Qualität konnte gegenüber früher gesteigert werden, so bietet die Spitex Lindenpark einen Abend- und Nachtdienst sowie einen Malzeitendienst an. Ebenfalls spezifische Pflege wie Palliativ- oder Onkospitex kann nun aus einer Hand angeboten werden. Auch finanziell ist man auf Kurs, gemäss Hochrechnung können die Einsparungen sogar leicht übertroffen werden.
Wo bleibt der Wettbewerb?
Für viele Gemeinden ist «die Fusion» der Spitexorganisationen das Allerheilmittel – ohne dass die Gemeinden auch andere Varianten prüfen. Von Wettbewerb kann keine Rede sein. Das Nachsehen haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, welche heute gemäss pubilziertem Benchmark des Kanton Aargau, teilweise doppelt so hohe Spitexkosten bezahlen, als dies an anderen Orten der Fall ist. Aber auch die Pflegebedürftigen Einwohnerinnen und Einwohner, denn ohne Wettbewerb wird auch die Qualität der Leistung nicht gemessen.
ZUR PERSON: Martina Bircher, wohnhaft in Aarburg, studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Controlling an der FHNW. Seit 2019 ist sie Inhaberin und Managerin einer Consultingfirma. Den Grundstein ihrer politischen Karriere setzte sie 2013 mit ihrer SVP-Kandidatur für den Aarburger Gemeinderat. Zurzeit ist sie Frau Vizeammann der Gemeinde Aarburg und vertritt seit 2019 die SVP im Nationalrat. Seit 2022 ist sie zusätzlich Mitglied der Sozial- und Gesundheitskommission SGK.